Das Grichenland Drama (ein Kommentar von M. Gittler – ironFX.com) Der Zusammenprall Griechenland und Deutschland scheinen sich heute auf einem Kollisionskurs zu befinden, da beide Seiten sich im Vorfeld eines heute stattfindenden Treffens der Finanzminister der Eurozone auf ihre Positionen versteift haben. Der griechische Premierminister Tsipras sagte, dass es keinen Weg zurück gebe für sein Land, und dass er ein neues Abkommen mit den offiziellen Gläubigern anstrebe. Darüber hinaus fügte der griechische Verteidigungsminister noch hinzu, das gesetzt den Fall, dass Griechenland kein neues Kreditabkommen mit der Eurozone abschließen könne, sich das Land jederzeit an Russland oder China wenden könne, um Hilfe zu erhalten.
Aber der deutsche Finanzminister Schäuble erklärte, dass es keinerlei Pläne gebe, ein neues Übereinkommen zu vereinbaren, oder dem Land einen Aufschub zu gewähren. Er erklärte, dass es „vorbei sei“, falls Griechenland die finale Tranche des aktuellen Hilfskreditprogramms ablehne (welche natürlich mit den existierenden Anforderungen für das Austeritätsprogramm und den geforderten Strukturreformen einhergeht). Die griechischen Märkte sahen sich gestern beflügelt, nachdem einige Nachrichtenmeldungen über einen möglichen Kompromiss bekannt geworden waren: der Aktienmarkt in Athen stieg um 8% an, während die griechischen Bankaktien um rund 15% in die Höhe schossen. Die Rate von EUR/USD hat sich in jüngster Zeit überraschend stabil gezeigt (sie eröffnete die letzten drei Handelstage jeweils mit 1,13) – allerdings könnte sich dies auch ganz schnell ändern, da nun die wirklichen Verhandlungen beginnen.
Ein Kommentator beschrieb das griechische Problem wie folgt: „Weil die Griechen sich bereit erklärt haben, als Bedingung für ihr Notkreditprogramm etwas zu tun, was schlicht unmöglich ist – nämlich ihre Schulden zurückzuzahlen – möchte der Rest der Eurozone (angeführt von Deutschland) nun auch tatsächlich, dass sie weiterhin versuchen, das Unmögliche möglich zu machen, um Griechenland noch mehr Geld leihen zu können, sodass der griechische Schuldenberg, den sie jetzt schon nicht zurückzahlen können, noch weiter anwachsen kann… Der Rest Europas scheint sich nicht darum zu kümmern, dass Griechenland in immer mehr Schulden getrieben wird, die es niemals zurückzahlen kann, solange die Griechen wenigstens beteuern, dass sie die Rückzahlung versuchen werden. Die Tatsache, dass dieser Versuch eine permanente Depression in Griechenland bedeuten würde, tangiert sie dabei nicht wirklich.“ Wie die obige Grafik zeigt, sind die Schulden der Regierung mittlerweile auf mehr als 170% des BIP angewachsen – weit mehr als die Summe, welche man vermutet hatte, als sie Probleme des Landes erstmals bemerkt wurden. Ein Land, dessen Wirtschaft in nominalen Zahlen immer noch schrumpft, kann niemals einen solchen Schuldenberg zurückzahlen – und es gibt auch keine Hoffnung dafür, dass das Land seinen Haushalt weiterhin selbst bestreiten kann, wenn die zehnjährigen Anleihenerträge bei 10,2% liegen.
Dennoch kann Deutschland nun nicht nachgeben, denn falls sie dies tun sollten, so werden Spanien und Portugal dem Beispiel Griechenlands zweifellos folgen – und das wäre politisch tödlich für die Europäische Union. In der Tat hat die spanische Regierung ebenfalls klargemacht, dass sie gegen jeden Kompromiss ist, da sie die Meinung vertritt, dass dies lediglich der Podemos-Partei nutzen würde. Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten sind vollkommen klar: Griechenland kann niemals seine Schulden zurückzahlen – und es muss zu einem Schuldenschnitt kommen. Die Eurozone ist allerdings stets ein politisches Projekt gewesen, und kein wirtschaftliches Unternehmen – und die deutsche Regierung spricht sich kategorisch gegen jede Reduzierung der Schulden aus.
Und daher befinden wir uns nun auf einem Kollisionskurs. Ich glaube immer noch, dass es schließlich zu einem Kompromiss kommen wird, aber wie üblich für Europa wird solch ein Kompromiss lediglich in der letzten Minute zustande kommen – und auch nur unter dem starken Druck der Märkte. Dieser Druck wird sich auf dem Devisenmarkt vermutlich in der Form eines schwächeren Euros zeigen.
Ich sollte vielleicht noch hinzufügen, dass dies nicht die einstimmige Meinung unseres Marktforschungsteams ist. Andere sind der Meinung, dass Griechenland sich nun bereits in einer so schlechten Verfassung befindet (25% offizielle Arbeitslosenrate, was mehr ist als die Arbeitslosenrate in den USA während der heißen Phase der Großen Depression), dass die griechische Regierung nun vielleicht zu dem Schluss gekommen ist, dass sie nichts mehr zu verlieren habe, wenn Griechenland nun die Eurozone verlassen würde.
Grexit
In der Tat ist eine der möglichen Erklärungen für die Stabilität der Rate von EUR/USD in jüngster Zeit diejenige, dass die Investoren wohl teilweise glauben mögen, dass ein „Grexit“ sich tatsächlich als vorteilhaft für den Euro erweisen würde, da die Eurozone so endlich ihr schwächstes Mitglied loswerden würde. Dies könnte langfristig sehr wohl der Fall sein – allerdings würde ich bezweifeln, dass es sich kurzfristig positiv auswirken würde. Das große Risiko dabei besteht darin, dass andere Länder dem Beispiel Griechenlands folgen könnten – und somit die gesamte Eurozone in Frage gestellt werden könnte. Zwischen 1919 und 2007 haben 181 Länder ihre Währungsunion oder den Goldstandard verlassen; und von diesen Entscheidungen fanden allein 124 noch im selben Jahr, oder in dem Jahr statt, nachdem ein anderes Land in der gleichen Region denselben Schritt getan hatte. In anderen Worten: Wenn ein Land diesen Weg beschreitet, dann schließen sich auch gerne noch andere Länder einer solchen Entscheidung an. Der Markt würde diese Unsicherheit mit Sicherheit einpreisen, falls Griechenland die Eurozone verlassen sollte – was meiner Meinung nach einen schwächeren Euro bedeuten würde.
Der Fahrplan für Griechenland:
o Heute: Die Finanzminister der Eurozone (Euro-Gruppe) treffen sich, um sich über weitere Hilfskredite für Griechenland zu besprechen
o Donnerstag und Freitag: EU-Gipfel. Russland und die Ukraine werden ganz oben auf der Agenda stehen, ebenso wie Griechenland
o 16. und 17. Februar: Die Euro-Gruppe trifft sich wieder einmal; Griechenland muss bis dahin einen Antrag auf die Verlängerung der Hilfskredite gestellt haben. Dies könnte sich vielleicht als das entscheidende Treffen erweisen.
o 18. und 19. Februar: Die 14-tägige Neubewertung der Hilfskredite für Griechenland (ELA)
o 28. Februar: Das Hilfskreditprogramm für Griechenland endet planmäßig. Griechenland steht nunmehr finanziell allein da, falls es zu keinem Übereinkommen kommen sollte.